Bergbau- und Wirtschaftsgeschichte

Anfänge

Erste Zinnabbautätigkeiten erfolgten im 2. Jahrtausend v. Chr. in der Nähe von Schellerhau durch Eliten der im Elbtal ansässigen Volksstämme, die in den Sommermonaten im Gebirge in einfachen Laubhütten wohnten.

Mittelalter

Die erste bäuerliche Besiedlung des Erzgebirges erfolgte seit der Mitte des 12. Jahrhunderts.
Markgraf Otto von Meißen (1125-1190) ließ zwischen 1156 und 1162 im Bereich der Flusstäler der Freiberger Mulde und Striegis den Urwald roden und mehrere Waldhufendörfer für das Kloster Altzelle anlegen: darunter Tuttendorf, Berthelsdorf und Christiansdorf. Im Jahre 1168 wurde bei Christiansdorf Silbererz in der Umgebung des heutigen Freiberg entdeckt. Nahezu zeitgleich wurde Zinnerz am Südfuß in Böhmen gefunden.

Seit der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts hielt die Glasfabrikation Einzug in die Region. Das Entstehen dieses Gewerbezweiges war durch Holzüberschuss begünstigt, der durch Rodungen und Neuansiedlungen entstand und den hohen Bedarf der Glashütten decken konnte. Kenntnisse in der Glasfabrikation hatten Mönche aus dem Kloster Waldsassen ins Erzgebirge gebracht. Als ältester Glashüttenstandort gilt Ulmbach. Die meisten Glashütten befanden sich in der Gegend von Moldau, Brandau und im Frauenbachtal. Dieser holzintensive Wirtschaftszweig verlor jedoch mit dem Aufblühen des Bergbaus, der jenem gegenüber privilegiert war, wieder an Bedeutung.

Auf der böhmischen Seite begann der Bergbau vermutlich im 14. Jahrhundert. Im Seiffenbergbau wurden dort Zinnkörner (Graupen) gewonnen und gaben der böhmischen Bergstadt Graupen (tschech. Krupka) ihren Namen.

Frühe Neuzeit

Im Obererzgebirge dehnte sich die Suche nach Silbererzvorkommen seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in die südwestlich von Freiberg gelegenen Gebiete aus und führte zu einem Neuaufschwung der Silberproduktion im Erzgebirge. 1470 wurden ergiebige Silbervorkommen in Schneeberg, 1491/92 am Schreckenberg im heutigen Annaberg-Buchholz sowie 1516 bei St. Joachimsthal (Jáchymov) im böhmischen Teil des Erzgebirges entdeckt.

In kurzer Folge entstanden im gesamten Erzgebirge neue planmäßig errichtete Bergstädte. Typische Beispiele dafür sind die Städte Marienberg, Oberwiesenthal, Gottesgab (Boží Dar), Sebastiansberg (Hora Sv. Šebestiána) und Platten (Horní Blatná). Zahlreiche neue Silbergruben wurden in kurzer Zeit angelegt und führten zu einem bis dahin beispiellosen Aufschwung des Montanwesens im Erzgebirge. Wirtschaftlich genutzt wurden bisher nur die Silber- Kupfer- Wismut- und Zinnerze.

Im 16. Jahrhundert wurde das Erzgebirge zum Zentrum des Bergbaus in Mitteleuropa. Die neuen Funde zogen immer mehr Menschen an, und die Zahl der Einwohner auf der sächsischen Seite stieg weiter rasch an. Auch Böhmen konnte neben Zuwanderung aus seinem Landesinneren starke Migration, vor allem deutscher Bergleute feststellen, die sich in den Siedlungen des Erzgebirges und in den Städten an dessen Fuß niederließen.

Auch die Entdeckung des Kobaltblaus spielte bei der Neubelebung des Bergbaus eine große Rolle. Vor allem in Schneeberg wurde Kobalt gefördert, das in den Blaufarbenwerken zu Kobaltblau verarbeitet wurde. Es gelang trotz zahlreicher Versuche von Industriespionage (vgl. Wittichen im Schwarzwald), das Produktionsgeheimnis für lange Zeit zu wahren, so dass die Blaufarbenwerke für rund 100 Jahre das Weltmonopol innehatten. Die Weißerdenzeche St. Andreas bei Aue lieferte fast 150 Jahre lang das Kaolin für die Porzellanmanufaktur in Meißen. Eine Ausfuhr außer Landes war durch den Kurfürsten unter Androhung strenger Strafen bis hin zum Tode verboten.

Der Dreißigjährige Krieg bedeutete einen tifen Einschnitt in diese neue Blüte des Bergbaus. Nachdem unter Kaiser Ferdinand II. 1624–1626 in Böhmen eine beispiellose Rekatholisierung einsetzte, flüchtete eine Großzahl der böhmischen Protestanten vor der allgegenwärtigen Repression in das benachbarte Kurfürstentum Sachsen. In der Folge wurden viele böhmische Dörfer verwüstet und verödeten, während auf sächsischer Seite diese Emigranten neue Orte wie die Bergstadt Johanngeorgenstadt gründeten.

Im Verlauf des Kriegs überwogen jedoch die dramatischen Auswirkungen auf Wirtschaft und Gesellschaft im Erzgebirge. Viele Städte brannten im Laufe des Krieges nieder (z.B. Graupen, Kupferberg) und wurden ausgeraubt oder erlitten schwere Schäden (Freiberg, Joachimsthal). Durch die Zerstörung der Bergbau- und Hüttenanlagen sowie durch die Belagerung und Brandschatzungen kam der Bergbau praktisch im gesamten Erzgebirge weitgehend zum Erliegen.

Infolge dessen mussten die Erzgebirger auf andere Erwerbszweige ausweichen. Landwirtschaftlicher Anbau war jedoch wenig ertragreich, und auch der Holzbedarf ließ durch Schließung von Hütten nach. Viele Einwohner waren zu dieser Zeit schon in der Textilproduktion tätig. Da aber auch diese nicht zum Lebensunterhalt ausreichte, entwickelte sich, vor allem im Osterzgebirge, die Holzwaren- und Spielzeugherstellung. Menschen ohne Bindungen wanderten wegen des Rückgangs der industriellen Produktion in das Landesinnere Deutschlands oder Böhmens ab.

18. und 19. Jahrhundert

Infolge des Siebenjährigen Kriegs (1756-1763) kam es zu einem weiteren ökonomischen Niedergang Sachsens in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Doch die Bergbauproduktion im Erzgebirge erfuhr ab ca 1770 einen erneuten Aufschwung. In dieser Periode erreichte der Bergbau infolge des Abbaus ärmerer Erze zwar nicht mehr die Ausbeute wie im 16. Jahrhundert. Doch mit der Gründung der Bergakademie in Freiberg im Jahre 1765 erfuhr der Bergbau grundlegende neue wissenschaftliche und technologische Impulse, die schließlich seinen Übergang in das Industriezeitalter ermöglichten.

In der Metallurgie war die bedeutendste Entwicklung der Übergang vom Hammer- zum Walzwerk. Das erste sächsische Walzwerk entstand zwischen 1812 und 1816 im Messingwerk Rodewisch, in der Folgezeit wurde diese Entwicklung auch von den erzgebirgischen und vogtländischen Eisenhämmern übernommen. So entstand 1823 in Pfeilhammer das erste Eisenblechwalzwerk.

Gegen Ende des 19. Jahrhunderts kam der Bergbau langsam zum Erliegen. Schon seit Mitte des Jahrhunderts führte die immer kostenintensivere Wasserhaltung zum ständigen Rückgang der Ausbeute. Nur wenige Gruben konnten über einen längeren Zeitraum Gewinne erzielen. Zu ihnen gehörte die Himmelsfürst Fundgrube bei Erbisdorf, die zwischen 1768 und 1848 eine kontinuierliche Gewinnphase durchlief. Durch reiche Erzanbrüche wurde die Himmelfahrt Fundgrube später zur ertragreichsten Freiberger Grube im 19. Jahrhundert.

Doch selbst der Vortrieb des Rothschönberger Stollens (größter und bedeutendster sächsischer Stollen, der der Entwässerung des gesamten Freiberger Reviers diente) konnte den Niedergang des Bergbaus nicht aufhalten. Denn noch vor der Fertigstellung dieser technischen Meisterleistung wurde 1871 im Deutschen Reich auf Goldwährung umgestellt. Der dadurch einsetzende rapide Verfall des Silberpreises führte zur Unrentabilität des gesamten erzgebirgischen Silberbergbaus.

An dieser Situation konnten auch kurzzeitige reiche Funde in einzelnen Gruben oder der staatliche Aufkauf sämtlicher Freiberger Zechen und deren Einbringung in das 1886 gegründete Staatsunternehmen der Oberdirektion der Königlichen Erzbergwerke nichts mehr ändern. 1913 wurden die letzten Silberbergwerke stillgelegt und das Unternehmen aufgelöst.

Neuafnahme des Bergbaus im 20. Jahrhundert

Zur Rohstoffgewinnung in den Kriegsjahren des Ersten und Zweiten Weltkrieges wurde der Bergbau im Erzgebirge wiederbelebt. Dabei kam es in der Zeit des Nationalsozialismus ebenfalls zur Wiederaufnahme des Silberbergbaus.

Nach Ende des Kriegs war für die Bevölkerung wieder die Holzwaren- und Spielzeugherstellung vor allem im Osterzgebirge von Bedeutung. Die Uhrenindustrie hat in Glashütte einen Schwerpunkt. Im Westerzgebirge gab es wirtschaftliche Alternativen durch den Maschinenbau und die Textilindustrie.

Uranbergbau

In der Pechblende aus Johanngeorgenstadt wurde 1789 das chemische Element Uran entdeckt. Ab etwa 1820 wurde in der Stadt auch Uranerz abgebaut, welches damals unter anderem zum Färben von Glas verwendet wurde. Noch reichere Vorkommen fanden sich in St. Joachimsthal, aus deren Proben Marie Curie und ihr Ehemann Pierre 1898 Radium isolieren und Polonium postulieren konnten.

Nach der Entdeckung der Kernspaltung Ende der 1930er Jahre erhielt Uranerz für militärische Zwecke eine hohe Bedeutung. Die gesamte Produktion von Uran wurde nach der Angliederung des Sudetenlandes an Deutschland 1938 beschlagnahmt.

Seit dem Einsatz der amerikanischen Atombombe in Japan 1945 arbeitete die Sowjetunion fieberhaft an der Entwicklung von Kernwaffen. Nach dem Zweiten Weltkrieg erlangten neben den böhmischen auch die sächsischen Uranerzvorkommen des Erzgebirges im Zusammenhang mit der Entwicklung sowjetischer Kernwaffen größte strategische Bedeutung.

Der größte Teil der durch Kriegseinwirkungen relativ unzerstört gebliebenen Schacht- und Grubenanlagen des erzgebirgischen Erzbergbaus wurde nach 1945 unter die Verwaltung der sowjetischen Militäradministration Deutschlands (SMAD) gestellt, welche unter dem Tarnnamen SAG Wismut im Erzgebirge eine intensive Suche nach Uranerzvorkommen im großen Umfang aufnahm.

Zum dritten Mal in der Geschichte strömten Tausende Menschen ins Erzgebirge, um sich eine neue Existenz aufzubauen. Zentren des Abbaues, der mit schwerwiegenden Gesundheitsfolgen für die Bergleute verbunden war, bildeten Johanngeorgenstadt, Schlema, Aue und das nun wieder tschechoslowakische St. Joachimsthal. Der Bergbau hinterließ zudem große Umweltschäden, unter anderem infolge eines Dammbruches an einem Uranerz-Abraumsee bei Lengenfeld im Jahr 1954: 50.000 Kubikmeter Abraum ergossen sich bis 4 Kilometer ins Tal. Bis 1991 wurden Uranerze in Aue-Alberoda, Dresden-Gittersee und Pöhla abgebaut.

Aussichten

In Freiberg wurde der seit 1168 betriebene Bergbau nach genau 800 Jahren beendet, während in Altenberg und Ehrenfriedersdorf noch bis 1991 Bergbau auf Zinnerz erfolgte. Die Verhüttung dieser Erze fand unter anderem in Muldenhütten bis Anfang der 1990er Jahre statt. In Sankt Egidien und Aue befanden sich bedeutende Standorte für die Nickelverhüttung.

Doch in der vorläufig letzten Phase des Bergbaus im Erzgebirge wurden für die SDAG Wismut noch wichtige neue Lagerstätten erkundet. Im westerzgebirgischen Pöhla wurden in den 1980er Jahren neue, reiche Zinnerzlagerstätten gefunden. Die damals entstandenen Versuchsabbaue gelten heute als die größten Zinnkammern Europas. Ein Vorkommen in Geyer enthält 44.000 Tonnen Zinn.

In Deutsch- und dem benachbarten Böhmisch-Zinnwald (Cínovec) liegt mit prognostizierten 161.000 Tonnen Europas größtes Lithiumvorkommen. Das sind vermutlich mindestens vier Prozent der weltweiten Lithium-Reserven.

Somit ist es nur eine Frage der Zeit, bis der Bergbau ins Erzgebirge zurückkehrt.

Nach der Fluss- und Schwerspatgrube Niederschlag bei Oberwiesenthal (seit 2013) will die Firma SME (Sachsen Mineralien und Exploration) ab 2019 andere Erze in Pöhla/Globenstein aus der Erde holen. 22.000 Tonnen Wolfram, 20.000 Tonnen Zinn (unverzichtbar als Lötzinn in der Elektronik), 70.000 Tonnen Flussspat (zur Metallverhüttung) und 204 Tonnen Indium (in jeder LED-Anzeige, Computer, Handy oder Digitalkamera) werden hier vermutet.