Bergbau und Geschichte Rauriser Tal - I

Frühes Mittelalter

Nachdem die Römer aus dem Alpenraum verdrängt worden waren, kamen zunächst alle Bergbauaktivitäten für Jahrhunderte zum Erliegen. Slawische Völker siedeln sich in den Ostalpen an. Im Bereich der Sonnblickgruppe wurde der Edelmetallbergbau um 719 wieder aufgenommen und die (später so genannte) Siedlung Kolm-Saigurn gegründet. Im 8. und 9. Jahrhundert beschränkte sich die Goldgewinnung weitgehendst auf Seifengold, vom 8. bis 10. Jahrhundert hatten die Bajuwaren und die Franken den Edelmetallbergbau unter Kontrolle.

Spätmittelalter

Gemäß einer Urkunde von 1122, nach welcher der Bischof Heinrich von Freising seinem Bruder Graf Friedrich von Peilstein zwei Höfe übergab, wird der Name Rurise als Bezeichnung für das gesamte Tal verwendet. Die Etymologie des Namens Rurise ist ungeklärt und wird auf sicherlich vorbairische Herkunft zurückgeführt. Möglich erscheint etwa die gemeinsame indogermanische Wurzel *ru/*reu für Flüsse.

Der heutige Ort Rauris selbst wurde 1220 erstmals urkundlich erwähnt, damals aber noch nach dem Gaißbach, auf dessen Schwemmkegel er errichtet wurde, benannt.

Ende des 13. Jahrhunderts begann die Hochblüte des Goldbergbaus im Bereich Rauris / Kolm-Saigurn. Damit einher ging eine Blüte des Handels (Säumerwesen) und die Notwendigkeit, die Täler gegen Angriffe von außen zu verteidigen.

Schüttgut
Schüttgut Einer der Umschlagplätze für Säumerware in Wörth - © Jörg Geißler

Wichtig waren die Handelsbeziehungen zu den südlich gelegenen Alpentälern. Waren wurden auf Säumerpfaden über die Pässe in den Talabschlüssen aus dem Rauriser Tal exportiert. Wichtiger Umschlagplatz (seit mindestens 1230) war Wörth. Hier wurden Warenlager angelegt und für den Weitertransport (je nach Bestimmungsort) geschieden. Eine der Ablagen wurde dieser Funktion entsprechend „Zu der Schied“ genannt, die Besitzer des Gutes trugen bald diesen Namen und das heute noch vorhandene Gebäude erinnert (verballhornt) an diesen Namen ( heute „Schüttgut“, bis 2017 „Gasthof Schütt“ - hier gibt es Fremdenzimmer mit Frühstück, die ich empfehlen kann, hier der Link).

Von Wörth führten die Wege über das Seidlwinkltal nach Süden und ins Hüttwinkltal zum dort gelegenen Bergbaurevier.

Da der Tauernübergang im Seidlwinkltal am längsten schneefrei blieb, wurde er gegenüber anderen Pässen bevorzugt. Zur Versorgung der Handel treibenden Säumer wurde auch das bis heute erhaltene Rauriser Tauernhauses errichtet, das bereits 1491 das Schankrecht bekam.

Aufgrund dieser bevorzugten, auch im Winter offenen Route, ist zu erwarten, dass das Seidlwinkltal auch militärisch befestigt war. Vermutet wird eine Befestigungsanlage auf einem Geländevorsprung des Wörthberges beim heutigen Bauernhof Burgstall auf 1100 m ü NN.

Photos oben - © Jörg Geißler
(a) Die Kapelle am Schüttgut, (b) das Gründungswappen, (c) die Scheideckalm am Wörthberg - etwas weiter nördlich wird die Wehranlage vermutet; (d) Vogelbeeren - daraus wird ein lokal bekannter Schnaps gewonnen; (e) typisches Hofgut aus der Region

Das Ortswappen von Rauris
Das Ortswappen von Rauris © Jörg Geißler

Zum Ende des 14. Jahrhunderts wurden in Salzburg erstmals in großem Umfang Goldgulden aus Tauerngold geprägt. Salzburg gilt als erzreichstes Gebiet in Europa – mit dem Raurisertal als Zentrum der Goldgewinnung. Die Gold- und Silberbaue bei Böckstein und im Raurisertal (Kolm-Saigurn) waren neben Edelmetallvorkommen am Monte Rosa im Valle Anzasca, Piemont, Italien, die höchst gelegenen in Europa. Zur Blütezeit des Bergbaues im 14. Jahrhundert wurden zehn Prozent des Gold-Weltvorkommens in Gastein und Rauris gewonnen. (Noch um die Wende zum 16. Jahrhundert wurde Salzburg als das "Peru der alten Welt" bezeichnet). 1557 berichten Aufzeichnungen des Erzbistums von 830 Kilogramm Gold (und 2 723 kg Silber) aus dem Rauriser und Gasteiner Tal.

Damit war der wirtschaftliche Höhepunkt erreicht. Die drei einheimischen Großgewerkenfamilien Weitmoser, Zott und Strasser dominierten damals den Edelmetallbergbau in Gastein und in Rauris. Im ganzen Raurisertal findet man zu dieser Zeit Kolbenstätten, Hüttschläge, Schmitten, Kohlplätze und Werkstätten für den Bergbau. So wuchs „Gaißbach“ als Vorort zum Talschluss zu einer mittelalterlichen Großsiedlung mit über 3000 Bewohnern heran (1500). 1551 n. Chr. wird „Gaißbach“ zum Markt. Auf dem Wappen von Rauris sind eine weiße Ziege (Gaißbach) und gekreuzte Bergwerkshämmer zu sehen.

Im Ort „Gaißbach“ befand sich das „Pass- und Schrankenhaus (Zollhaus)“ in der Rauris. Es diente u.a. der Lebensmittel- und Seuchenkontrolle für die Bergwerke in Rauris, außerdem war es gegen den Alkoholschmuggel über den Tauern eingerichtet.

Ende des 16. Jahrhunderts kam der Goldbergbau zum Erliegen. Nach rund 100 Jahren intensiven Bergbaus lag die entscheidende Hauptursache des Niedergangs der bis dahin erschlossenen Erzgänge in den Hohen Tauern an deren totaler Ausbeutung ohne kostspielige Suchstollen auf neue Erze, dazu kamen technische Schwierigkeiten beim Bau in die Teufe. Die Gewerken als kapitalistische Herren jener Zeit kehrten dem Bergbau den Rücken und investierten lieber anderswo als Großgrundbesitzer oder begaben sich in den Dienst eines Fürsten.

Rauris - Ortsbild

Das Ortsbild des Ortsteils Markt ist von den Bauten des Mittelalters geprägt. Fast alle sind mit dem Goldbergbau verbunden. Die Häuser sind durch kleine rotbraune Wappen und entsprehenden Informationen gekennzeichnet. Hier eine kleine Auswahl der wichtigsten Bauten.

Photos oben - © Jörg Geißler
(1+2) Das Vogelmaierhaus, (3+4) Haus Grimming, (5-7) im Haus Gegenschreiber wohnte der die letzte Bergwerksblüte Ende des 19. Jhdts. prägende Ignaz Rojacher (s.u.); (8-10) sein Freund Wilhelm Ritter von Arlt wohnte im Landricher-Haus. Er unterstützte Rojacher sowohl bei seinen Bergbauaktivitäten als auch beim Bau der Wetterwarte am Hohen Sonnblick; (11+12) Auch das Haus Haniflehen gehört Ritteer von Arlt; (13+14) Das heute so genannte Bäckerhaus war ursprünglich Pferdewechselstation; (15+16) Hier im "Gorihäusl" lebte in der Knappenzeit der Bader (zuständig nicht nur für Hygiene, sondern für medizinische Probleme bis hin zu chirurgischen Eingriffen); (17) Die Michaelskapelle am Marktplatz

Frühe Neuzeit

Am 09. April 1616 wurde durch den Salzburger Bischof die Zukunft des Montanwesens neu geordnet. In der Urkunde wurde der Vorschlag zum Aufkauf des „Lender Handel“ (Privater Handel) durch die Erzbischöfe und Landesherren formuliert. Dies auch deshalb, um die ungeliebten protestantischen Gewerken los zu werden. So wechselte 1618/19 das neue „Ärar*“ an das Erzbistum Salzburg. (* Ärar war die Bezeichnung für die Wirtschaftsbetriebe des Staates). Der Bergbau geht stark zurück, die Protestanten müssen aufgrund des Auswanderungsediktes von Erzbischof Firmian ihre Heimat verlassen.

1706 war das oben erwähnte Schrankenhaus in Rauris stark baufällig. Nach der Rekatholisierung und Vertreibung der Protestanten (1731-33, 166 Personen) wurde die Missionierung durch die Franziskaner vorangetrieben und in Rauris ein Wachthaus eingerichtet, um das „heimliche Einschleichen“ von Protestanten aus Kärnten zu verhindern. Da die Passstation in Rauris leicht zu umgehen war, setzte man statt eines Neubaus des Schrankenhauses trotz der hohen Kosten auf flexiblere Militär-Patrouillen.

Als Grund für den Niedergang des Bergbaus werden oft auch die im Zug der „Kleinen Eiszeit“ vorrückenden Gletscher genannt. Dies scheint in den wenigsten Fällen ein Grund für die Aufgabe eines Bergwerks zu sein.

In den folgenden beiden Jahrhunderten wurden die Fördermengen aus dem 16. Jahrhundert wurden nie mehr erreicht.