Bergbauspuren in Kolm-Saigurn

Kolm-Saigurn

Sonnblickpanorama
Sonnblickpanorama Blick von der Erlehenalm zum Naturfreundehaus Kolm-Saigurn am Talgrund - © Jörg Geißler

Der Name Kolm-Saigurn allein sagt schon viel über die Nähe und den Bezug zum Bergbau aus. Kolm entstand aus dem mittelhochdeutschen Wortstamm "Kolben", also ein Ort wo eine Kolbenanlage stand und Erz zerstoßen bzw. zerkleinert wurde.
Saigurn“ meint eine „Saich-Gruam“, also ein Fäkalien-Sammelbecken. Dies war im übertragenem Sinn gemeint, denn nach bildlichem Gebrauch der Sprache „saichen“ auch die Berge – sprich es ist ein Ort gemeint, an dem mehrere Berge ihr Wasser "abschlagen" (siehe Nassfeld im Gasteiner Tal), also ein Vielzahl von Bergbächen auf dem Talgrund zusammenfließen (und sich dort evtl in einem Becken oder See sammeln) – wie in Kolm-Saigurn der Fall.

Das heutige Naturfreundehaus war während der Ägide der staatlichen Finanzverwaltung und unter Ignaz Rojacher Kanzleigebäude, ehe es Rojacher 1880 zu einem Gasthaus umfunktionierte.
Westlich des Naturfreundehauses befindet sich die sogen. Zimmererhütte, die ehemalige Unterkunft für die Betriebshandwerker.

Der 1940 durch die PREUSSAG begonnene Unterbau befindet sich etwa 100 m westlich am Wandfuß. Dieser Stollen blieb nach 38 m im quarzreichen Schiefer stecken. Das Gelände ist heute ziemlich dicht mit Erlen bewachsen.

Neubau

Naturfreundehaus Neubau
Naturfreundehaus Neubau © Jörg Geißler

Unterhalb des Naturfreundehaus-Neubaus (2175 m), das ehemals auch ein Bergwerksgebäude war, befinden sich der verstürzte Sigmund- (2142 m) und der Sonntagsbrunn-Stollen (2124 m).

Nur 20 m neben dem Schutzhaus Neubau befindet sich bereits der erste Stollen, in dem noch im 20. Jahrhundert Goldabbau betrieben wurde: Der Augustin-Stollen, ca. 20 m südlich der Materialseilbahn-Bergstation; das Mundloch ist mit einer Tür verschlossen. Eine Stollenbefahrung ist wegen des hohen Wasserstandes nur mit Watstiefeln möglich, im hinteren Abschnitt wegen des dort herrschenden Sauerstoffmangels allerdings nicht ratsam. Der ausgedehnte Haldensturz westlich der Seilbahnstation enthält praktisch nur tauben Abraum, zumal hier keine größeren Erzgänge aufgefunden wurden.

In der Fortsetzung des W-fallenden Augustin-Ganges existiert ein Zubau (2205 m), zu dem ein gut erhaltener, mit Holzpfosten und großen Gneisplatten gedeckter Lawinenkragen führt.

Unmittelbar neben dem Weg zum Bremserhäusl gibt es einen etwa 5 m langen Schurf (2230 m), der wohl auf die gleiche erzführende Struktur ansetzt und als Ausbiss des Ganges zu verstehen ist, der zum Augustin-Stollen hinführt.

Rund um den Neubau

Photos oben - © Jörg Geißler
(1) Suchbild - Erste Sichtung von Neubau und Radhaus vom Weg zwischen Ammereralm und Neubau; (2) Quarzgänge am Weg; (3) Sonnblick mit Radhaus; (4) Naturfreundehaus Neubau

Radhaus und Bruchhof

Infotafel Radhaus
Infotafel Radhaus © Jörg Geißler

300 m westlich des Neubaus stehen die Überreste des Maschinenhauses (2161 m) für den 1.500 m langen Schrägaufzug. Radhaus und Bruchhof (Erzdepot) wurden 1831-33 erbaut und standen bis 1888 in Betrieb (dazu siehe auch weiter oben).

Vom Radhaus führt der mehr als 500 m lange, unter Ignaz Rojacher aus Bruchsteinen kunstvoll gefügte Bremsberg in SE-Richtung zum Bremserhäusl (2331 m), in dem sich die Seil-Umlenkrolle befand. Hierher wurde das Erz, das vom Knappenhaus über die horizontale Rollbahn herangeführt wurde, umgeladen - wie in umgekehrter Richtung Versorgungsgüter vom Schrägaufzug zum Knappenhaus gebracht wurden. (s.u. Bremserhäusl).

(1) Radhaus - im Hintergrund an der Felswand deutlich zu sehen der Verlauf der Quarzgänge; (2) Blick talauswärts mit Radhaus; (3) Ruine des hohen Radturms; (4) Ruine des Bruchhofs; (5) Der Gletscherbach, der das Rad antrieb, daneben Felswände mit Gangquarzen; (6) Der Bremsberg / Schrägaufzug; (7) Der Damm des Bremsbergs mit Radhaus; (8) mächtiger Quarzgang jenseits des Gletscherbachs mit kleineren Paralleltrümern; (9) der Karboden

Rund um das Knappenhaus

Knappenhäuser vor Neunerkogel
Knappenhäuser vor Neunerkogel Von der Stelle, an der der Berghorizont rechts aus dem Bild tritt, ziehen sich Haldenreste bis zur Oberkante des Felsens in der Bildmitte. Weitere Haldenreste links oberhalb der Häuser und direkt rechts davor.

Die obertägigen Werksanlagen beim Bodenstollen in 2341m Höhe sind heute zum großen Teil verfallen. Nur die Reste des Knappenhauses wurden mit Hilfe von Fördermitteln erhalten.

Die Infotafel an der Westfassade zeigt den Bauzustand (vermutlich aus der Rojacher-Zeit oder kurz danach) mit vollständig erhaltenem Schindeldach und südlich anschließendem, ebenfalls überdachtem Trakt, in dem die Erzaufbereitung untergebracht war.

Von diesem Aufbereitungsgebäude ist bis auf die Grundmauern nichts mehr erhalten. Hier nahm man eine händische Grobaufbereitung und Sortierung der Erze vor. So lagert hier noch heute innerhalb des Mauergevierts auf einem 20 m2 großen Platz ein Rest aus zerkleinertem Gangquarz. Die eigentliche Aufbereitung erfolgte jedoch in den Werksanlagen im Tal in Kolm-Saigurn.

Westlich des Gebäudekomplexes erstreckt sich eine große Halde (ca. 100 x 70 m Fläche bei bis zu 10 m Höhe).

Vom Bodenstollen (s.u.) führte ein so genannter Schneekragen (überdachte Lawinenschutzvorrichtung) mit mehreren Verzweigungen über die eingeebnete Fläche auf der Halde, um mittels dieser Laufgänge vom Stollen alle Gebäude sicher erreichen zu können und einen Betrieb auch im Winter (auf 2.341 m Seehöhe) möglich zu machen.

Neben Knappenhaus und Aufbereitung standen hier noch weitere Wohn- und Wirtschaftsgebäude und zeugen davon, das einstmals bis zu 2.500 Knappen am Goldberg ihr hartes Brot verdienten.

Südöstlich der Aufbereitung dürfte die Schmiede gelegen haben (Hinweis liefert Holzkohle im Boden). Die Ruine eines weiteren Gebäudes steht auf einem Felsplateau östlich der Aufbereitung.

Photos oben - © Jörg Geißler
(1) Karkessel unterhalb der Knappenhäuser - 1887 befand sich hier noch der Gletscher; (2) Hier - rechts oben - befinden sich heute die kläglichen Reste des Gletschers (Goldbergkees); (3) Das Knappenhaus, davor Halde, ganz vorne Moränenreste; (4) Knappenhaus gegen Hocharn; (5+6) Innenansichten; (7) Infotafel; (8) Aufbereitung; (9) Aufbereitung mit Resten des kleingepochten Materials im Inneren; (10) Halde westlich der Aufbereitung, erkennbarer Gebäuderest evtl. = Bergschmiede; (11) Schneekragen zum Knappenhaus; (12) rekonstruierter Zustand; (13) Blick entlang des Schneekragens zum Goldbergkees; (14) Aussicht aus dem Schneekragen aufs Goldbergkees;

Bodenstollen

Schneekragen zum Bodenstollen
Schneekragen zum Bodenstollen © Jörg Geißler

Von der Aufbereitung führt zuerst eine 10 m lange Rampe, dann ein etwa 35 m langer, in Trockenmauerung errichteter, holzgedeckter Schneekragen zum Bodenstollen, durch den ein Großteil des weitläufigen Grubengebäudes entwässert wird.

Der Stollen ist auf den vordersten 20 m im Hangschutt aufgefahren, die Firste mit Eisendielen und Gneisplatten ausgebaut. Er verläuft zunächst in SE-Richtung und erreicht nach knapp 200 m die vordersten Gänge (Johann, Bartholomäus). Später verlagert er seine Richtung und erreicht nach weiteren 180 m den Haberländerin-Gang. Die nördliche und südliche Verlängerungen des Ganges sind tw noch befahrbar (bis zur 40-m-Sohle), die höheren Niveaus wegen Verbruchs nur noch unter Gefahr. Im Nordteil befinden sich große Abbaue, im Süden stehen noch mehrere dm mächtige Pb-(Ag-)Zn-Derberze an.

Zugang Bodenstollen
Zugang Bodenstollen © Jörg Geißler

Weitere Bergbauspuren oberhalb des Knappenhauses

Da ich allein unterwegs war und keine genügenden Ortskenntnisse besaß, besuchte ich diesen Bereich des Bergbaugebiets im Sommer 2020 nicht. Bei meinem - hoffentlich noch durchführbaren - nächsten Besuch will ich das nachholen. Dann auch hier weitere Photos samt Aufschlussbeschreibungen. Bis dahin können Sie in in einer der Originalquellen weiterlesen, zum Beispiel in

Gerhard Feitzinger, Wilhelm Günther, Angelika Brunner
„Bergbau- und Hüttenaltstandorte im Bundesland Salzburg“, S. 79 ff.
Hrsg.: Land Salzburg vertreten durch die Abteilung 16 Umweltschutz
Salzburg 1998

https://www.salzburg.gv.at/umweltnaturwasser_/Documents/pdf-bergbaubericht.pdf

Bremserhäusl

Vom Knappenhaus zum Bremserhäusl
Vom Knappenhaus zum Bremserhäusl Am Knappenhaus vorbei nach Westen führt der Weg zum Bremserhäusl - © Jörg Geißler

Vom Knappenhaus führt der Weg über die oben erwähnte Rollbahn relativ eben hinüber zum Bremserhäusl. Dieser Weg wurde teilseise mit großen Gruchstücken als Damm aufgeführt, auf dessen Krone die Bahn verlief. Sie war ca 400 m lang.

Knapp 200 m nordnordwestlich des Knappenhauses quert der Bahndamm eine markante Talung (NW-streichende Störung). Hier treten Scharen max. 0,5-0,8 m mächtiger Quarzgänge auf, von denen einige offenbar erzführend sind und wenige Meter tief verhaut wurden (Fließgänger?, Weitenkar?).

Am Bremserhäusl angekommen, fällt der Blick erneut auf den markanten Damm des Schrägaufzugs bzw Bremsbergs. Ihm entlang führt der Weg zurück zum Neubau. Unterwegs kommt man auch noch einmal an einem weiteren offenen Gang vorbeit, der mit dem etwas weiter unten liegenden Neubau in Verbindung zu stehen scheint (Augustinstollen?). Außerdem gibt es Spuren von Tagverhauen im Gelände.

Photos oben - © Jörg Geißler
(1) Schneekragen direkt hinter dem Knappenhaus Richtung Berg; (2) Bild zurück zum Knappenhaus mit Goldbergkees im Hintergrund; (3) Bergsee mit Quarzband im Hintergrund; (4) einander kreuzende Quarzbänder mit Eisenoxid-Spuren; (5) Verhau mit Stolleneingang direkt am Weg; (6) Stolleneingang; (7) Alte Verritzung im Gelände - von der weißen Wolke am Berghorizont rechts zieht der Abraum herunter bis zur Bidmitte; dazu die Fortsetzung des Quarzbands unterhalb der Bildmitte links; (8) Blick zum Goldbergkees; (9) Krone der Rollbahn vor Felsen mit Quarzgängen; (10) Fortsetzung der Rollbahn; (11) weiterer Abschnitt mit Dammkonstruktion; (12) Bremserhäusl; (13) Infotafel; (14) Bremserhäusl mit Bremsberg (Schrägaufzug); (15) Verlauf des Bremsbergs Richtung Radhaus; (16) Naturfreundehaus Neubau, links am Bildrand offne VErritzungen im Gelände; (17) Bergidyll; (18) Offener Stollenmund oberhalb des Neubaus (Augustin.-Stollen) evtl. in dessen Fortsetzung; (19) Stollenmund; (20) Wollgras; (21) Naturfreundehaus Neubau