Pechtelsgrün

Der Ort

Pechtelsgrün liegt am Westhang des 512 m hohen Höllberges in einer Höhenlage von 494 m über NN am Übergang des Naturraumes Vogtland ins Westerzgebirge.

Der Ort wurde im Jahr 1410 erstmals urkundlich erwähnt, jedoch muss die Ortsgründung schon früher (12. Jahrhundert) in Form eines Waldhufendorfes. Seit 1994 ist Pechtelsgrün ein Ortsteil der sächsischen Stadt Lengenfeld im Vogtlandkreis. Bei der Ortsentwicklung spielte neben der Landwirtschaft seit dem Mittelalter auch der Bergbau eine Rolle.

Geologie und Mineralisation

Die Pechtelsgrüner Lagerstätte besteht aus einem Gangzug, der im mittelkörnigen Kirchberger Granit aufsetzt. Der Gangzug setzt sich zusammen aus mehreren parallelen, jeweils um die 2 m mächtigen Greisenzonen, die erzführende Quarztrümer aufweisen. Diese sind je ca 1 m mächtig. Der Gang erstreckt sich an der Erdoberfläche über 1270m, auf der 350m-Sohle sind es noch 990 m – der vererzte Teil blieb sich aber mit 900 m Erstreckung auch in der Tiefe nahezu gleich. Durch tektonische Störungen ist der Gang in drei Abschnitte unterteilt. Die beste Vererzung fand sich im mittleren Abschnitt.

In den Gangtrümern findet sich Wolframit, Molybdänit und Pyrit. In der hydrothermal überprägten Zone treten Hämatit, Ferberit, Pyrrhotin, Sphalerit, Chalkopyrit, Galenit (mit einem Gehalt von 0,04 % Silber), Bismut, Bismuthinit und Emplektit auf.
Im Bereich der Ganggreisen traten auf: Kassiterit, Molybdänit, Wolframit und Pyrit. Untergeordnet kam Apatit, Zirkon und Turmalin vor. Innerhalb der Greisenkörper trifft man an: Pyrit, Pyrrothin, Wolframit, Scheelit, Molybdänit und Chalkopyrit.
Die Erzzusammensetzung verändert sich mit der Teufe – Die Hauptminerale Wolframit und Molybdänit dominieren oberflächennah, während ab der 230 Meter Sohle der Gehalt an Pyrit und Scheelit überwiegt.

Bergbaugeschichte von 1921-1945

Die Entdeckung der Lagerstätte ist einem mineraliensammelnden Kunstzeichenlehrer zu verdanken. Kurt Victor Gerber aus Mylau trat seine Stelle in Lengenfeld am 1. September 1921 an. 1926 bemerkte er im Schotter der Straße nach Stangengrün Wolframitreste. Systematisch ging er der Spur des Wolframs nach und entdeckte 1933 auf dem Höllberg einen Quarz-Wolfram-Gang. Dies teilte er dem in Eich wohnhaften Obersteiger Ewald Koch mit, der noch im selben Jahr die Rechte auf ein Schurffeld unter dem Namen Neue Hoffnung zu Pechtelsgrün beantragte.

Die Schurfarbeiten begannen im Sommer 1934. Später erfolgte das Abteufen zweier kleinerer Gesenke, die man in zwei alten Pingen niederbrachte. Dabei stieß man auf weitere mittelalterliche Berbaureste. Dieser mittelalterliche Bergbau erfolgte vermutlich auf Gold, welches in dem in der Lagerstätte reichlich vorkommendem Pyrit vermutet wurde.

Diese Arbeiten standen unter der Aufsicht der Lagerstätten-Forschungsstelle des Oberbergamtes Freiberg. Aufgrund der guten Ergebnisse sollte Ende 1935 mit dem Abbau begonnen werden. Diese Planungen fielen zusammen mit den Maßnahmen des 3. Reiches im Rahmen der Autarkiebestrebungen: Die Preise für Metalle wurden im September 1934 vom Weltmarkt abgekoppelt und die Reichsbank unter ihrem Präsidenten Hjalmar Schacht gewährte Garantiepreise für kriegswichtige Metalle wie Wismut, Kobalt, Zinn und Wolfram. Die Differenz zwischen den Gestehungskosten und dem Weltmarktpreis wurde in Form von Förderprämien gezahlt.

Am 16. Oktober 1935 wurde die „Gewerkschaft Vereinigung zu Leipzig“ mit Sitz in Halle gegründet. Obersteiger Koch brachte das Grubenfeld in die Gesellschaft ein und wurde stellvertretender Betriebsleiter. An den 100 Kuxanteilen der Gewerkschaft waren u.a. zu einem Drittel die IG Farben beteiligt.

Anfang Dezember 1935 wurde mit der Anlage eines Schachtes begonnen. Nachdem der Schacht 54m Teufe erreicht hatte, legte man bei 50m Teufe eine erste Sohle an. Ein Querschlag auf den Erzgang im Jahr 1936 ergab bei einer Streckenlänge von 320 m im Gang 245 erzführende Meter.

Als der Schacht eine Tiefe von 105 m angekommen war, wurde eine zweite Sohle auf 100m Teufe angeschlagen. Da es noch keine Aufbereitungsanlage gab, mussten die inzwischen fast 3.000 to Erz auf Halde gelegt werden.

1938 mussten die Arbeiten in der Grube unterbrochen werden. Möglicherweise war der Grund der Verzug der Baufirma bei der Errichtung der übertägigen Anlagen. Als im Januar 1939 die Anlage zur Erzklaubung an der Grube und die Aufbereitung in einer ehemaligen Sandgrube am Plohnbach im Ortsteil Waldkirchen endlich in Betrieb gingen, konnte auch der Grubenbetrieb wieder aufgenommen werden.

Seit 1941/42 wurden auch Kriegsgefangene und ausländische Fremdarbeiter eingesetzt. Laut Unterlagen waren es 1944 80 belgische und französische Kriegsgefangene, 75 sowjetische Kriegsgefangene und ca. 75 Ostarbeiter. Später wurden zusätzlich auch italienische Militärinternierte und 44 Gefangene aus dem Außenlager Lengenfeld des Konzentrationslagers Flossenbürg eingesetzt.

Aufgrund der zunehmenden Menge an Erz wurde der Transport zur Aufbereitung per Traktor umgestellt auf eine 2,7 km lange Materialseilbahn, die 1944 in Betrieb ging.

Am 18. April 1945 marschierten amerikanische Truppen in Pechtelsgrün ein. Die Schachtanlagen, sowie die Aufbereitung und zugehörige Gebäude und Anlagen wurden verwüstet oder zerstört. Zu diesem Zeitpunkt war der Schacht auf 170 m abgeteuft und auf 150 m Tiefe eine dritte Sohle eingerichtet worden.

Bergbau seit der Nachkriegszeit

Die Betriebsanlagen wurden im Mai 1945 notdürftig instand gesetzt. Nachdem die amerikanischen Truppen am 01. Juli 1945 abgezogen worden waren, rückten tags darauf sowjetische Truppen ein.

Die Arbeiten an den Betriebsanlagen wurde am 23. Juli wieder aufgenommen. Ein Aktionsausschuss, der im Mai gebildet worden war, übernahm im September 1945 die Treuhänderschaft über die Grube. Förderung und Aufbereitung nahmen am 10. September den Betrieb wieder auf.

Nach einigem Hin und Her zwischen den ehemaligen Anteilseignern der Kuxe (A.Riebeck’sche Montanwerke AG als 100%ige Tochter der IG Farben etc), einer Fa mit dem Namen Wolframitgrube Pechtelsgrün / Vgtl und nach Einigung auf Reparationsleistungen an die UdSSR wird die Aufbereitung (vermutl.) im November 1946 unter sowjetische Verwaltung gestellt. Jedenfalls ab Februar 1947 arbeitete das Werk für die Feldpostnummer 27304 der Roten Armee (= Sächsische Bergbauverwaltung des Ministeriums des Innern der UdSSR), bevor die Aufbereitung des Werkes im Mai 1947 in sowjetisches Eigentum überführt und kurz darauf als Objekt 31 der SDAG Wismut geführt wurde. Damit waren Aufbereitung und Grube formal getrennt.

Die Grube Pechtelsgrün wurde Betriebsteil der neu gegründeten VEB Wolframerz, bis 31. Dezember 1950 noch selbständig, danach zusammen mit den Betrieben Zschorlau und Gottesberg zum VEB Wolfram-Zinnerz Rodewisch vereinigt.
Die Grube hatte inzwischen eine Teufe von 230 Metern erreicht (die sich am Ende mit ca 1,4 km Länge am weitesten erstreckte), weitere Sohlen bei 180 und bei 230 Metern waren angeschlagen. 1954 erreichte man 300 Meter Teufe, die 290m-Sohle wurde angelegt. 1961 hatte der Schacht seine Endteufe bei 350 Metern erreicht und die Sohle 350 Meter wurde angeschlagen. Von dieser Sohle aus wurde jedoch noch ein Blindschacht mit weiteren 70m Teufe angelegt und von dort aus die 400m-Sohle angelegt.
In der Tiefe waren die Wolframerze nicht mehr ausreichend, die Grube förderte in den letzten Betriebsjahren auch Pyrit (Schwefel) und Molybdänerz.

Als die Lagerstätte 1968 schließlich ausgeerzt war, wurde der Betrieb eingestellt. Bis dahin waren etwa 1.250.200 t Erz gefördert und daraus ca. 3200 t Wolfram erzeugt worden.

Seit 1971 wurde das Gelände zunächst verschiedenen wirtschaftlichen Nutzungen zugeführt, heute wird das Gelände offensichtlich als Erdstoffdeponie und Recyclinganlage genutzt.

Besondere Funde

Für Mineraliensammler war Pechtelsgrün eine der interessantesten Fundstellen im Vogtland. Hier fand sich Rauchquarz in guten Kristallen bis Dezimeter-Größe. Wolframit kam meist nur derb vor, mit Pyrit im Quarz eingewachsen.
An Besonderheiten gab es:
Wolframit in Pseudomorphosen nach Scheelit („Reinit“).
Scheelit-xx erreichten eine Größe von bis zu 5 cm.
Pyrit kam in exzellenten Kristallen (meist Würfeln) vor mit Kantenlängen bis 12 cm.
Auf der 350m-Sohle wurde in großen Mengen Bismuthinit gefunden, teilweise in gebogenen Stängeln, teilweise plattig verzerrt bis 8 cm lang.

Lage der Halden
Um die Halden des Wolframbergbaus zu erreichen, folgt man vom Bahnhof Lengenfeld der Straße nach Nordosten direkt nach Pechtelsgrün. Die Halden liegen am östlichen Ortsausgang von Pechtelsgrün (nördlich der Straße in Richtung Stangengrün). Heute lassen sich auf den Halden und in Lesesteinproben zwischen Pechtelsgrün und Lengenfeld mitunter noch Belege von Wolframit und etwas Molybdänit oder Pyrit finden.

Mineralienbestandsliste Pechtelsgrün

Apatit-Gruppe' , Arsenopyrit, Bismuthinit, Calcit, Chalcedon (Var.: Quarz, Mogánit), Chalkopyrit, Dolomit, Emplektit, Erythrin, Ferberit, Fluorapatit, Galenit, Hämatit, Hübnerit, Ilsemannit, Jaspis (Var.: Chalcedon), Kaolinit, Kassiterit, 'Limonit', Malachit, Markasit, Molybdänit, Muskovit, Nickelin, Nickelskutterudit, Opal, Orthoklas, Pyrit, Pyrrhotin, Quarz, Rauchquarz (Var.: Quarz), Rhodochrosit, Scheelit, Siderit, Sphalerit, Topas, Torbernit, Tungstit, 'Turmalin-Supergruppe', Uraninit, Vivianit, Wismut, 'Wolframit'